Osnabrück spielt daheim gegen Rostock 0:0. Diese Punkteteilung ist, wenn es sowas überhaupt gibt, mehr als gerecht. Sie ist, um eine weniger voraussetzungsreiche Fußballvokabel zu nutzen, verdient. Beide Mannschaften hatten Pech, das Spiel nicht gewonnen zu haben, Rostock hatte die besseren Chancen und verschenkte mindestens zwei so genannte hundertfünfzigprozentige. Osnabrück hatte schließlich mehr Möglichkeiten, wobei der letzte, zündende Pass meist nicht gelang. Unterm Strich (für Osnabrück) und darüber (für Rostock) endete dieses Begegnung torlos und war dennoch ein tolles Fußballspiel, nach dem allerdings Osnabrück lediglich die Relegation noch aus eigener Kraft schaffen kann, mehr nicht.
Ratlosigkeit als Modalität von Krise ist sowohl Zustand als auch Prozess. Das macht sie soziologisch verhältnismäßig interessant. In Ratlosigkeit ist ihr Gegenteil und damit das Gegenteil von Krise bereits angelegt, denn andernfalls – also gäbe es nicht immerhin theoretisch eine Vorstellung von „Rat“ – machte Ratlosigkeit als Konzept keinen Sinn. Deshalb, so viel Sinn sei gestiftet, kann Ratlosigkeit auch Anlass zu Fortschritt sein, vielleicht muss sie das sogar.
Zwei Dimensionen von Ratlosigkeit lassen sich sinnvoll unterscheiden. 1. Ratlosigkeit trotz Ursachenkenntnis und 2. Ratlosigkeit mangels Ursachenkenntnis.
Das 0:3 in Augsburg etwa und auch das Unentschieden in München lassen sich unter 1. subsumieren. In Augsburg erschrak der VfL ohne Einstellung und Willen, versagte den Augsburgern die Zweikämpfe und verlor ohne erkennbare Bereitschaft, die Blamage aufzuhalten. In München andererseits hatte Osnabrück die besseren Chancen, agierte schnell und willenstark, blieb aber offenkundig mittellos. Es fehlte an hinreichend viel Kreativität und Kaltschnäuzigkeit, um 1860 niederzuringen, Potenzial lag brach und blieb doch ungenutzt. Solche Erlebnisse von Ratlosigkeit führen geradezu zwingend ins extrem unbefriedigende Stadium der Fassungslosigkeit: Offenkundig zu Tage tretenden Schwächen und allseits erkennbaren Mangelerscheinungen ist mal wegen mangelnder, mal trotz reichlich Mühe nicht beizukommen.
So ein 0:0 gegen Rostock kommt anders daher. Osnabrück hatte Glück, nicht verloren zu haben, und Pech, nicht gewonnen zu haben. Rostock war gefährlich, gerade mit seinem zügigen Spielaufbau, aber der VfL nicht chancenlos, im Gegenteil. Osnabrück macht aus seinen Standardsituationen zu wenig – warum? Der letzte Pass kommt nicht nur nicht an, sondern wird oft gar nicht gespielt – warum nicht? Das Glück fehlt dem VfL vorn, hinten hat er reichlich davon.
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