Donnerstag, 2. April 2009

seitenwechsel #79

Freunde der VfLiebe! Zum 79. Mal verständigen wir uns mit den lieben Kollegen von Seitenwahl über die Lage der Nation, d.h. der VfLs. Überschattet wird unser Palaver auf höchstem Niveau vom Schachbrett der Nation. Trotzdem dreht sich natürlich alles um Borussia. Maik freut sich bei Seitenwahl über Spielmacher, die nicht knittern, und steht Seit an Seit mit Heracles. Joachim will neuer Bahnchef werden und antwortet deshalb mit einer Ode auf Peer Steinbrück.

Lieber Maik,

ich war schon etwas schockiert, als Martin und Du plötzlich Hartmut Mehdorn die Borussia-Präsidentschaft antrugen, für den Fall, dass Ihr unser nettes Schachspiel gewinnt. Fein, dachte ich, kann ich ignorieren – bis der besagte Herr nichts anderes zu tun hatte, als im Vertrauen auf Eure Fertigkeiten frühzeitig zurückzutreten. Voreilig, möchte ich sagen, denn ihm entging im Gegensatz zu mir die Brillanz Eurer Strategie: Ihr wollt mich nur motivieren. Nun, gewinne ich, trage ich bekanntermaßen Peer Steinbrück die Präsidentschaft an (ich dachte mir: Warum soll er beim FC Vaduz versauern?), weswegen ich jetzt schon mal Frau Steinbrück ins Spiel bringe: Dame auf d4. Ready to rock ´n roll!

Darin sieht man wieder die Fallstricke der direkten Demokratie. Rund die Hälfte derjenigen Leser, die sich bei Euch an der Abstimmung beteiligten, wählten einen verlockenden, doch verhängnisvollen Zug, während sich die qualifiziertere andere Hälfte in Alternativen verzettelte. Zwar stimmten sowohl die Herren Kasparow, Anand und Fisher für die kleine Rochade, doch da die Absprache anonym war und zudem die Regeln des preußischen Dreiklassen-Wahlrechts krass missachtete, fruchtete das nicht.

Ich befürchte, beim Schach ist es wie beim Fußball: Einer muss allein entscheiden. Schau auf Wolfsburg, da haben sie es kapiert. Bei Mönchengladbach, und hier muss ich erneut von brillanter Strategie sprechen, machen sie es inzwischen genauso, nur steht es nicht im Organigramm. Kompetenzteam? Wo denkst Du hin! Meyer bestimmt, doch ist er so klug, Ämterhäufung zu vermeiden. Aber kannst Du Dir vorstellen, dass er sich von irgendjemandem sagen lässt, welche Schachfigur er verwenden und wohin stellen soll? Eben.

Ich will jetzt nicht „DDR“ raunen, obwohl das ein historisch faszinierender Gegenstand ist. Wirtschaftlich und politisch scheiße, ohne Frage, aber fußballhistorisch bemerkenswert. Ich verbrachte einige der letzten Sunden mit der Lektüre von Jörg Bergers Biographie. Eigentlich wollte ich nur kurz hineinschmökern, doch Potzblitz, auf einmal war ich schon am hinteren Buchdeckel angekommen. So lernte ich, dass Jürgen Raab bereits Co-Trainer bei Berger in der Türkei war, wie Hans Meyer nach dem Pokalsieg aussah und dass sie den Berger neben ihm – damals Teil seines Trainerteams – auf dem Siegerfoto einfach wegretuschiert haben, nachdem er rübergemacht hatte. Was ich ebenfalls interessant finde, ist, dass er ansonsten mit keinem Wort auf Meyer eingeht. Nun, das muss nicht unbedingt verwundern, denn es ist kein Fußballbuch im eigentlichen Sinne. Trotzdem würde mich interessieren, was der eine vom anderen hält. Ich denke freilich nicht, dass es etwas Schlechtes ist, denn seine Lieblingsfeinde listet Berger durchaus akribisch auf.

Vielleicht sollten wir also zusammen eine Retro-Party schmeißen, lieber Maik: Du hast ein Sofa, und ich habe ein Buch. Jetzt fehlt nur noch einer mit einem Kasten Bier. Könnte Martin der dritte Mann sein? Doch wo ist der eigentlich? Keine SMS mehr, zuletzt in Südtirol gesehen, ungefähr da, wo der Ötzi verschwand (sagte nicht Erich Rutemöller: „Ötzi, mach et!“, und schon war der Ötzi weg vom Fenster?), und dann war nur noch Stille? Oder gräbt er gerade das Wildparkstadion um, um drei Punkte zu finden, die er dann triumphierend mitbringt? Du siehst, es ist wie jede Woche: Fragen über Fragen. Nur, dass Du jetzt auch noch ein Mehdorn-Problem hast. Aber da darfst Du Dich bei Deinen Lesern bedanken.

Es grüßt Dich mit der Raute im Herzen, der Sonne auf der Birne und den Weltpokal im Sinn:

Dein Joachim

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