Mittwoch, 8. August 2007

"kein bock mehr auf warnungen!"

Der dritte Teil des VfLog-Interviews mit VfL-Coach Claus-Dieter Wollitz. (Teil 1 | Teil 2 | Teil 4)

Sie sagten bereits in anderen Interviews, in der vergangenen Saison hätten einige irgendwann mehr für sich gearbeitet als für das Team. Wer war das?

Ich sagte: Jeder will zwar in die zweite Liga, aber manche nur für sich selber, nicht als Team. Da braucht man ja nur gucken, von wem wir uns getrennt haben. Jetzt Namen öffentlich nennen, das mache ich nicht. Das habe ich noch nie gemacht. Einfach gucken: Wer hat in den letzten Spielen in der Regionalliga noch gespielt und wer nicht mehr, wer hat gar nicht mehr dazu gehört. Dann weiß man eigentlich, wen ich damit meine.

Sie sagten außerdem, Ihr Fehler sei es gewesen, nicht frühzeitig etwas dagegen unternommen und ein Signal gesetzt zu haben. Welches?

Die Spieler, die ich zum Schluss nicht mehr aufgestellt habe, hätte ich vorher ganz klar freistellen müssen von der Mannschaft und vom Verein, weil sie nicht das verkörpert haben, was man verkörpern muss: Teamplayer sein. Ich kann nicht vor der Saison sagen: „Ich bin Teamplayer!“ Und während der Saison bin ich das auf einmal nicht mehr. Klar haben Fußballspieler auch Eigeninteressen, aber es gibt einen positiven Egoismus und einen negativen Egoismus. Und die entsprechenden Spieler haben das in der Rückrunde einfach zu sehr überstrapaziert. Ich hab in dieser Situation aber nicht gehandelt, und das war ein großer Fehler. Der Fehler wird nicht noch einmal passieren, weil ich jetzt sofort handele. Ich gebe auch keine Warnungen mehr, weil ich kein Bock mehr auf Warnungen habe. Als Spieler musst du wissen, dass du dich einzuordnen und dem Erfolg unterzuordnen hast.

Nach dem 2:4 gegen den HSV wurden namentlich Cartus, Ndjeng und Schanda von Ihnen schroff attackiert. Zwei von denen spielen jetzt trotzdem weiter. Warum?

Bei Schanda und Ndjeng war’s einfach sportlich, bei Cartus war’s menschlich und sportlich. Dort passte einfach das Verhältnis nicht, was man für den Spieler gemacht hat, was der Spieler für Freiheiten genießt und was er dann für Leistung bringt. Bei Ndjeng war’s einfach so, dass der Fehler gemacht hat, die nicht mehr erklärbar waren. Und die Leistung von Jan Schanda, einem gestandenen Spieler, hat mir von der Körpersprache nicht gefallen. Das hab ich kritisiert, weil gewisse Spieler manchmal auch über die Öffentlichkeit spüren müssen, dass da ein gewisser Druck ist. Ich will die Spieler dazu bringen, dass sie Fehler zuerst bei sich suchen. Ein Spieler, der sich entwickeln will, muss bei sich persönlich anfangen, bei seinen eigenen Fehlern. Auch deswegen habe ich das öffentlich gemacht. Ich wusste nämlich, es gibt noch eine Chance in diesem Aufstiegskampf – wenn wir uns nur wieder besinnen.

Und Ndjeng und Schanda haben sich jetzt wieder bewährt?

Schanda ist einer der Gewinner der Vorbereitung. Der hat richtig gut gespielt, gut gearbeitet und hart trainiert. Ndjeng ist verletzt, daher ist es müßig, da jetzt drüber zu diskutieren. Aber der wird auch seine Chance bekommen, wenn er fit ist, wenn er die Qualität hat, die er in der vergangenen Hinrunde hatte. Nachtragend bin ich nicht, vielleicht nur bei Leuten, die 15, 16, 17 Mal immer wieder die gleichen Fehler machen. Wenn einer immer wieder aus der Reihe schießt, handele ich mittlerweile sofort.

Auf Dave de Jong hatten Sie vor der letzten Saison nichts kommen lassen. "Ein Führungsspieler, gefährlich auch bei Standards", waren Ihre Worte. Jetzt ist er weg. Warum?

Als Führungsspieler musst du dich auch wie ein Führungsspieler verhalten: Verantwortung übernehmen, deinen Mitspielern Respekt zollen, Akzeptanz haben. Als Führungsspieler musst du Vorbild sein. Das habe ich am Ende nicht mehr gesehen.

De Jong hat zwischen den Zeilen immer beklagt, Sie hätten nie mit ihm darüber gesprochen.

Deswegen ist er ja kein Führungsspieler, weil das ja glatt gelogen ist. Ich glaube, sechs, sieben, acht Gespräche habe ich mit ihm geführt, manchmal unter vier Augen, manchmal unter sechs Augen. Der Manager war dabei, der Co-Trainer war dabei. Sowas passiert, wenn man nicht selbstkritisch sein kann: „Nur andere, ich selber nicht!“ Ich habe ihm das oft genug gesagt, was ich von ihm erwarte, was ich verlange, wie ich das sehe. Dass er jetzt weg ist, das hat er selbst mit verschuldet, weil er nach außen die Unwahrheit sagt. Das mag ich nicht. Außerdem: Über die Qualität des Spielers im ersten Jahr brauchen wir nicht diskutieren, im zweiten Jahr war’s dann schon nicht mehr so, und im dritten Jahr muss man auch mal die Statistik bemühen. Wenn ich da einen Strich mache, ist da einfach ein Minus: Wir haben viele Spiele ohne ihn gewonnen und mit ihm verloren.

Was ist jetzt in der zweiten Liga anders als noch im vergangenen Regionalliga-Jahr?

Alles wird anders sein: Das Spiel wird schneller, aggressiver. Die Fehler werden schneller bestraft. Wir spielen auswärts vor mehr Publikum, ich glaube, auch zu Hause werden wir den Schnitt noch einmal erhöhen. Jedes Spiel wird live im Fernsehen übertragen. Die Medien sind viel aufmerksamer. Aber das alles ist doch gut, das wollten wir doch.

Können Sie jetzt vor Saisonbeginn schon sagen: „Auf den und den Positionen spielen wir besser als die und die Mannschaft.“ Kann man das bereits prognostizieren?

Nein, das kann ich nicht sagen. Ich glaube sowieso nicht, dass es auf die einzelnen Positionen ankommt. Wir müssen ja über das Team, über das Kollektiv kommen. Über diesen Zusammenhalt muss sich eine Euphorie, eine Begeisterung, eine Überzeugung entwickeln, dass man am Ende der Saison nicht wieder zur Fahrstuhlmannschaft geworden ist, dass man den Bann durchbrochen hat und nicht das dritte Mal nach einem Aufstieg sofort wieder abgestiegen ist. Ich denke übrigens auch, dass Gladbach das korrigiert hat. Ich glaube nicht, dass Gladbach abgestiegen ist, weil sie nicht die Qualität hatten, sondern weil Gladbach kein Team war.

Ist Gladbach im letzten Jahr das gewesen, was Osnabrück vor zwei Jahren war?

Das kann ich nicht sagen. Wir haben in letzter Zeit oft über mein zweites Jahr hier in Osnabrück diskutiert. Wenn man das alles noch mal Revue passieren lässt, sind da so viele Sachen passiert. Zum Beispiel das Spiel gegen Mainz, auch im DFB-Pokal: Wir haben bis zur 82. Minute 2:1 geführt und müssen dann aufgrund einer Verletzung wechseln, haben aber nicht diese individuelle Klasse auf der Bank. Der Spieler, der reinkommt, macht kurz vor Schluss genau den entscheidenden Fehler. 2:2, Elfmeterschießen – dann scheidest du aus. Wir haben bis zu 93. Minute gegen Jena ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht, haben 2:0 geführt, dann aber durch die Unbeherrschtheit eines Spielers Gelb-Rot bekommen, kriegen dadurch das 2:1 und in der Nachspielzeit das 2:2. Wir haben in Essen 1:0 geführt, dann fliegen vier Mann runter. So hat sich das eigentlich die ganze Saison durchgezogen. Und am Ende stellst du natürlich immer fest, dass der ein oder andere nicht bereit ist, die Teamfähigkeit aufrecht zu erhalten, wie das korrekt sein müsste. Das gleiche passierte in Rückrunde letzte Saison: Viele reden immer von zu viel mentalem Druck. Ich glaube einfach, dass die Qualität da nicht ausgereicht hat, um diesem Druck standzuhalten. Das ist eine Qualitätsfrage.

Am Freitag, im letzten Teil des Interviews, erklärt Claus-Dieter Wollitz, dass er keine Angst vor einem Fehlstart hat, dass Osnabrück eigentlich nicht in die zweite Liga gehört und warum Neuzugang Uwe Ehlers nicht spielt.

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