Dienstag, 24. Juni 2008

empfehlung #14: cioran lesen

Zuerst begegneten wir ihm im Café Jelinek, einem der schönsten Kaffeehäuser Wiens, gleich ums Eck von meiner Wohnung, meiner früheren. Emile M. Cioran. Natürlich saß er dort nicht selbst, denn er ist tot. Seit 1995. Aber ich saß dort und las das wunderbare Buch Subtexte von Ilse Aichinger, das Kurztexte von ihr versammelt, die allesamt selbst wiederum im Café Jelinek entstanden sind. Und in jedem dieser Texte war auch Emile Cioran vertreten, mit einem Zitat, einem Aphorismus einer Aussage.
In jedem Menschen schlummert ein Prophet: erwacht er, so gibt es ein klein wenig mehr des Übels in der Welt.

Und er ist sympathisch dieser Mann, in seinem Gram und seiner Verzweiflung über die Welt. Die richtig gestimmten Texte für eine Zeit, in der gerade ganz Europa hupend durch die Straßen fährt und das tut, was für Feiern gehalten wird.
Das Glück ist nicht in der Begierde, sondern in der Abwesenheit von Begierde, genauer, in der Begeisterung für diese Abwesenheit.

Cioran zu lesen ist eine Entdeckung. Und der Mann hat auch noch Ahnung von Fußball, er kennt den Abstiegskampf und weiß um das Dasein als VfL-Fan.
Geschwätz ist jede Konversation mit einem, der nicht gelitten hat.

Und so könnten wir immer weiter zitieren. Aber lieber lesen wir weiter. Und legen unseren Lesern Cioran ans Herz. Er ist die bessere Alternative zum Vfl-freien Pseudofußball, zum erbärmlichen Public Viewing und zum tristen Autokorso.
Die Tatsache, daß das Leben keinen Sinn hat, ist ein Grund, um zu leben. Übrigens der einzige.

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