Mittwoch, 31. März 2010

seitenwechsel #110

In dieser Saison der Aufs und Abs ist das einzig Konstante der wöchentliche Seitenwechsel mit unseren lieben Kollegen von Seitenwahl. In dieser Woche sucht Joachim nach dem Sinn dieser Saison und macht Martin ganz melancholisch - nachzulesen wie immer bei Seitenwahl.


Lieber Martin,

es wimmelt nur so von Klarstellungen. Borussia hat nichts gegen eine Disco im Nordpark. Der Klassenerhalt ist noch nicht gesichert. Colautti geht, Jaures bleibt, van Nistelrooy war schon da und ist vorzeitig wieder weg, grußlos. Köln liegt am Niederrhein, aber irgendwie auch im Rheinland. Felix Magath könnte selbst mit Viktoria Aschaffenburg Meister werden, nicht aber mit Bayer Leverkusen (sonst wäre er Jesus; leider ist er nur Fußballgott). Bruno Labbadia wird demnächst Hoffenheim trainieren: Beide sind Meister der Hinrunde, danach geht's abwärts. Kreisliga zwo kann ja auch ganz chic sein.

Ich frage Dich, Martin: Wen interessiert das alles eigentlich, wo die Gefühlslage eine ganz andere ist? Der Klassenerhalt ist nach menschlichem Ermessen sichergestellt, und wir jubilieren. Gleichsam bleibt die Anspannung erhalten, denn das Ziel ist nicht zuletzt, vor Köln zu enden. Spannung pur, sage ich Dir also. Zudem: Wer geht, das ist von wenig Belang, wer kommt, das interessiert jedoch um so mehr. War Giovane Elber schon beim Audi-Händler in Gladbach? Boulevard, übernehmen Sie! Im Sommer dann die Frage aller Fragen: Wird Deutschland Weltmeister oder doch Roel Brouwers? Du siehst, die Themen gehen uns nicht aus, nur weil wir jetzt Hamburg besiegt haben. Ach ja, und dann ist da noch Osnabrück, die steigen auf und spielen bald gegen Bochum. Herrlich!

Dämlich nur, daß wir bis zum Wochenende warten müssen, um wieder ernüchtert zu sein. Ich bin entzückt zu lesen, wie sich jetzt alle auf das Kräftemessen in Stuttgart freuen, dabei ist die Frage doch nur, wie hoch wir verlieren. Seien wir ehrlich: Das Saisonziel ist zwar so gut wie erreicht, das Potential der Mannschaft bleibt aber unausgeschöpft, und selbst der Sieg gegen Hamburg gibt wenig Anlaß, nun auf säckeweise Punkte gegen Stuttgart, Bayern oder Schalke zu hoffen. Und Leverkusen? Naja, das ist eine eigene Geschichte. Vielleicht steht uns ja doch noch Großes bevor, wenn und weil wir Leverkusen besiegen. In der Tat dürfte die einzige Meisterschaftschance Leverkusens vielleicht darin bestehen, vierunddreißig Mal gegen uns zu spielen. Ansonsten vergeigen sie es, egal wie die Umstände sind.

Du siehst an allen Windungen meines Geistes (man könnte auch Blähungen sagen), daß mir allmählich der Sinn für das große, den Rest der Saison beherrschende Thema abhanden kommt. Trösten wir uns: Fußballdeutschland geht es nicht anders. Das derzeit beherrschende Thema ist schließlich, ob Jogi Löw Kevin Kuranyi begnadigt oder nicht? Ja haben denn alle einen Sprung im Nutella-Glas? Selbst Max Eberl äußert sich inzwischen offiziell hierzu, mit einem entschiedenen „Vielleicht!“, wie auf borussia.de nachzulesen ist. Wenn unser Wohl und Wehe von dieser Frage abhängt, Martin, dann wandern wir besser gleich nach Liechtenstein aus. Die haben nur sieben Fußballklubs, da könnten wir endlich mal den zehnten Rang unter Köppel pulverisieren.

Es grüßt Dich, im Hoffenheim-Trikot die Breite Straße in Köln entlangspazierend und alte Omas erschreckend, damit der DFB demnächst wirklich für ein Geisterspiel sorgen kann,

Dein Joachim

Montag, 29. März 2010

das große vereinsranking

Nachdem der Blick sich seit gestern zumindest temporär von den Abstiegsplätzen entfernt, sind neue Saisonziele gefragt. Nach unten ist der Abstand zu Nürnberg und Bochum recht komfortabel, aber der "F"C bleibt mit dem Sieg in Hannover den Fohlen auf den Fersen. Wir halten also fest, Saisonziel Nummer eins ist und bleibt wie immer, vor Köln in der Tabelle zu stehen. Dieses Ziel ist noch lange nicht erreicht.
Und wenn man dann auch noch höhere Ziele setzen will, dann gibt es den einen oder anderen Verein in umittelbarer Nähe, den es zu überholen gilt:
Hoffenheim, punktgleich mit Borussia. Hier sollten wir doch nicht nur bei den Zuschauerzahlen vorne stehen. Leider werden dann die Abstände auch schon wieder größer, und Mainz gönnen wir ja grundsätzlich auch einmal einen Erfolg. Aber Wolfsburg, diesen V(W)fL und Magath-Meister (das hat ja, wie man nun an Schalke sieht, nichts mit dem Verein zu tun), die noch zu kriegen, wie schön wäre das! Und dann natürlich Frankfurt, der Club mit dem anderen, dem ganz ganz falschen Michi... Es gibt noch viel zu erreichen in dieser Saison!

Sonntag, 28. März 2010

waterkant

Hurra, Gladbach bleibt volatil! Auf und nieder geht es in dieser Saison, und derzeit geht es gerade wieder einmal auf. Hamburg geschlagen, wer hätte das gedacht! Auch wenn man es sicher nicht sagen soll: mit dem Abstieg müsste es das ja nun bitte gewesen sein, wobei das Restprogramm es in sich hat. Während Borussia sich nun zumindest vorübergehend freigeschwommen hat, steigt der Alsterpegel bei den Jungs von der Waterkant zunehmend bis Oberkante Unterlippe.

Freitag, 26. März 2010

lethargie

Obwohl schon ein paar Tage länger aus dem Urlaub zurück, wirkt das zähe Aufstiegsrennen in der 3. Liga lähmend. Während nur wenige Mannschaften, wie etwa der VfL, zu all jenen Spielen auflaufen, zu denen es aufzulaufen gilt, machen sich andere Teams - vorgeblich witterungsbedingt - rar. Das führt mitunter zu kruden Tabellensituationen und munteren Plaudereien mit dem Schlendrian in Bord-Bistros der Deutschen Bahn nahe Stuttgart. (Der Rotwein dort ist übrigens nicht der schlechteste, aber wem sagen wir das?!)
Das alles ändert nun nichts daran, dass die Liga einen mächtig verschlafenen und unspannenden Eindruck macht, so verzerrt, wie sie sich von Wochenende zu Wochenende weiter schiebt. Mannschaften wie Regensburg oder Aue haben gefühlt noch überhaupt nicht gespielt in diesem Jahr. Wie will man da Fahrt aufnehmen geschweigedenn sich freuen auf ein, hüstel, mitreißenden Heimspiel gehen Wehen?

Mehr als das Tabellenelend ein wenig zu lichten, lässt die freitägliche Lethargie also nicht zu. Aber immerhin: Nehmen wir an, die Konkurrenz absolviert seine diversen (Nachhol-)Spiele so glücklich und erfolgreich wie der VfL selbst, führt Osnabrück die Tabelle nur noch mit einem schmalen Pünktchen Vorsprung an.

1. VfL, 52
2. Ingolstadt, 51
3. Aue, 51
4. Heidenheim, 50
5. Jena, 49
6. Braunschweig, 47
7. Offenbach, 43

Hurra, jetzt kommt Spannung auf.

Donnerstag, 25. März 2010

seitenwechsel #109

Nach dem Derby herrscht über Wochen Deutungsbedarf am Rhein. Was wäre besser geeignet für die ultimative Analyse als unser Muster an Kompetenzjournalismus, der Seitenwechsel. Woche für Woche brillieren wir mit unseren lieben Kollegen von Seitenwahl im Genre des philosophischen Briefwechsels. Doch diese Woche spricht Martin bei Seitenwahl übers Kino und Joachim träumt in seiner Antwort vom Leben als TV-Impressario. Mit dem Derby hat das aber trotzdem etwas zu tun.

Lieber Martin,

gerne rede ich mit Dir über Filme, zumal es mich an Zeiten erinnert, als es noch kein Internet gab und ich jung war. Als ich beispielsweise bis kurz vor Start der Kinovorführung zitterte, ob die Mindestzahl von drei Zuschauern zusammenkommen würde, damit im Programmkino „In China fällt ein Reissack um“ in der Originalsprache mit aramäischen Untertiteln gezeigt würde. Einmal, ein einziges Mal, wurde mir diese Qual erlassen, und ich hatte einen ganzen Kinosaal für mich allein. Herrlich! Störend war nur, daß mitten im Film die Putzfrau erschien und damit begann, ihre Sachen aufzuräumen. Das störte die Atmosphäre doch empfindlich.

Ähnlich gestört fühltest Du Dich durch das Unentschieden in Köln. Das ist nachvollziehbar, doch ich finde es weniger furchtbar, zumal es mir erläßt, jetzt hier voller Zorn im Karree zu titschen. Natürlich bin ich nicht zufrieden, zumal wir in der Rückrunde weniger Punkte geholt haben als Hertha BSC. Andererseits ist der komplette Absturz vermieden, und ich sehe wieder mit Hoffnung auf das Spiel gegen den HSV. Bundesligafußball ist eben etwas anderes als zum Beispiel Pokal und verlangt einen langen Atem: eher eine Serie als ein Spielfilm, um in Deinem Bild zu bleiben.

Tatsächlich beginne ich mich am Gedanken zu erwärmen, Borussia könne eine Daily Soap um das Geschick des Vereins entwickeln. Über den Titel denke ich noch nach. „Schlechte Zeiten, sehr schlechte Zeiten“ heben wir für den ÄffZeh auf. „Die Schuldenberatung“ trifft auf die falsche Borussia zu, und „Theo gegen den Rest der Welt“ ist sowieso vergeben. Die „Bökelberger“ klingt eher nach Fred Feuerstein und ist von den Ereignissen überholt, „Einsatz am Mordpark“ wirkt hingegen zu reißerisch. Ich plädiere daher vorläufig für „Geschäftsstelle Hennes-Weisweiler-Allee“ und bereite mal ein paar Drehbücher vor. Das erste beginnt damit, daß Bobadilla morgens vergeblich seinen Stiel sucht und dabei durch ein Fenster im dritten Stock fällt. Glücklicherweise steht unten Rainer Calmund und… (wer mir die Rechte abkaufen will, mailt an dagobert-duck-productions@entenhausen.euro).

Tja, lieber Martin, derzeit wird es also noch nichts aus unserer zweimonatigen Wanderung durch den Schwarzwald. Erstens bin ich gerade brutal kreativ, und zweitens hat mich diese Woche ein Kollege provoziert, der Fan von Eintracht Frankfurt ist – sagte er doch glatt zu mir, daß wir in dieser Saison keine direkten Konkurrenten seien. Ich habe ihn nur deshalb nicht erschlagen, weil wir zusammen in einer wichtigen Sitzung saßen und er stärker ist als ich. Ich bitte Dich, Martin, was sind schon sieben Punkte? Wenn die Griechen einfach sagen können, was sind schon ein paar hundert Milliarden Euro, dann sage ich: Rechnerisch schreiben wir das internationale Geschäft noch nicht ab. Und Frankfurt packen wir sowieso. Wenn nicht jetzt, dann gleich, ganz im Geiste unserer unendlichen Fernsehserie: Irgendwann stehen wir vor Frankfurt. Und vor den Bayern. Und vor Rosenkohl Montevideo. Und dann sind wir da, wo wir hingehören. Die Drehbücher für die paar tausend Folgen bis dahin kriegen wir hier doch locker voll, was, Martin?

Es grüßt Dich, voller Verwunderung, daß mein Sprachkontrollprogramm das Wort „Reissack“ als Fehler markiert und mir als gültige Alternativen „Reisesack“, „Reis sack“ und „Reiz sack“ anzeigt (hat da jemand einen Clown gefrühstückt?),

Dein Joachim

Mittwoch, 24. März 2010

ohne fans

Der "F"C Köln muss lt. Kicker "ohne Fans" zum Auswärtsspiel gegen Hoffenheim reisen. Dies ist die Strafe für die schlechten Manieren der Anhänger aus der Domstadt bei fünf bisherigen Partien. Ob dies ein gerechtes Urteil ist? Allenthalben rühmen sich nun die Beteiligten, immerhin sei das drohende Szenario eines Geisterspiels vermieden worden.

Das verstehe ich nicht. Ein Spiel in Hoffenheim ohne Fans der Gastmannschaft, was ist das denn anderes als ein Geisterspiel?

Dienstag, 23. März 2010

war da noch was?

Nach den Ausfällen der letzten Tage gibt es natürlich einiges nachzuarbeiten hier. Zunächst einmal das Derby. Jaaaa, das Derby. Also: Das Derby. Ringdingding, das Derby. Was soll ich sagen, ich glaube, ich mag gar nichts dazu sagen. Die ganzen Weltendeuter haben sich ja schon ausgiebig mit dem Einseins befasst und sind zu den unterschiedlichsten Schlüssen gekommen.

Jedenfalls hat Borussia jetzt schon so viele Punkte wie zum Ende der letzten Saison. Das ist zweifellos ein Erfolg. Dass Max Eberl sich allerdings dazu hinreißen lässt, man sei dem Ziel, "eine stabile Saison" zu spielen, nun sehr nahe, macht mich schmunzeln. Eine Saison (weitgehend) ohne Abstiegsangst, da ist Borussia auf einem guten Weg. Aber stabil? Stabil ist die Leistung des VfL nur nach Maßstäben von Wackelpudding, der ja im weitesten Sinne auch stabil ist...

Montag, 22. März 2010

good service

Heute ist so ein Tag. Der ICE zum Flughafen fährt nur mit der Hälfte der Wagen. Genauer gesagt, er fährt nicht: "Wegen Überfüllung können wir aus Sicherheitsgründen die Fahrt erst fortsetzen, wenn 50 bis 80 Personen den Zug verlassen haben. Wir danken für Ihr Verständnis."

Ich bleibe, komme in letzter Minute am Check-In-Schalter an, die den Koffer gerade noch in Empfang nehmen: "Gehen Sie nun bitte direkt zum Gate." Vor dem Gate aber steht die Sicherheitskontrolle. Genauer gesagt, sie steht nicht, nur eine lange Schlange und vor ihr ein einsamer Mann, der in sein Funkgerät spricht: "Klaus, jetzt hast Du auch noch das letzte Team in die Pause geschickt! Wie soll das denn hier jetzt gehen?" Der Bundesgrenzschutz steht in zweiter Reihe und sorgt dafür, dass niemand handgreiflich wird. Keine leichte Aufgabe.

In London angekommen gehe ich zur U-Bahn. Ein Display: "There is good service on all London Underground lines." Ich lächle, seufze, bin glücklich. Unten am Bahnsteig angekommen hunderte von Menschen. Die Central Line kann mit "good service" nicht gemeint gewesen sein, hier fährt derzeit kein Zug wegen einer Störung. Dafür noch einmal die Durchsage vom Band: "There is good service on all London Underground lines." Schönen Dank auch.

Heute ist so ein Tag. Heute ist aber auch der Tag, an dem der VfLog wieder seinen regulären Betrieb aufnimmt. Wir entschuldigen uns für den Ausfall an den letzten Tagen und danken für Ihr Verständnis. Ach ja: Und bitte achten Sie beim Lesen auf den Abstand zwischen Ihnen und Ihrem Bildschirm.

Freitag, 19. März 2010

ausgerechnet

Ausgerechnet am Derby-Wochenende habe ich kein Internet und Maik ist in Urlaub.

Mittwoch, 17. März 2010

seitenwechsel #108

In dieser Saison der Aufs und Abs ist das einzig Konstante der wöchentliche Seitenwechsel mit unseren lieben Kollegen von Seitenwahl. In dieser Woche droht Joachim endlich den lang ersehnten Wutausbruch an, kanzelt aber nebenbei auch schon jetzt ein paar Underperformer gehörig ab. Martin steckt noch im Umzugsstress und streitet sich mit Kölnfans - nachzulesen wie immer bei Seitenwahl.

Lieber Martin,

Kredit, so lautet eines der derzeit wichtigsten Wörter, und ich rede keineswegs von den Nachwehen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Nein, Kredit ist das, was Borussias Fans derzeit ihrer Mannschaft in kaum gekanntem Maße bereitstellen, zumindest wenn man das letzte Jahrzehnt betrachtet. Es war vielleicht der zivilisatorische Höhepunkt des Spieles gegen Wolfsburg, als sich der durchgefrorene Besucher Mitte der zweiten Halbzeit zu fragen begann, wann denn die Pfiffe mehr werden würden, stattdessen aber, gut zehn Minuten vor dem Abpfiff, seit den Anfangsminuten nicht mehr gehörte Anfeuerung einsetzte, die bis zum Schlußpfiff andauerte. Noch Minuten nach Spielende setzte sich die Ermunterung der Mannschaft seitens Teilen der Nordkurve fort, und irgendwann meinte vor mir ein Ordner zum anderen: "Man sollte denen mal sagen, daß es keine Verlängerung gibt."

Falsch. Verlängerung für die Mannschaft gibt es präzise bis zum nächsten Wochenende, wenn das Spiel in Köln ansteht. Denn man sollte sich nicht irren: Die Anfeuerung der Fans war nicht Einsicht in das untaugliche Bemühen der Mannschaft, denn die hätte noch Stunden weiterspielen können, ohne einen Treffer zu erzielen. Tatsächlich hatte sie es noch bei 0:4 mit Mann und Macht versucht und war dabei mehrmals in gefährliche Konter gelaufen, eigentlich ein Unding, wenn das Spiel entschieden ist und es nur noch um Schadensbegrenzung geht. Nein, die Fans richteten ihr Team vielmehr deshalb auf, weil man die Spieler braucht, um beim Erzfeind am Freitag nicht die nächste Pleite zu erleben. Schließlich gehört auch der Niederrhein zum Rheinland, und da kann bekanntlich manche Schmach schnell vergessen werden, wenn am richtigen Tag nur eine gute Nachricht steht.

Lieber Martin, laß uns nicht um den heißen Brei herumreden und die Ausflüchte verwenden, in die sich Borussias sportliche Führung nun unsinnigerweise flüchtet: Bis auf den Tobias Levels und mit Abstrichen Logan Bailly spielte jeder unter seinem Niveau, und wenn nicht gerade eine bislang undiagnostizierte Muskelschwäche grassiert, geht das auf einen Mangel an Einstellung zurück. Wie oft vermißte man gegen keineswegs starke Wolfsburger den einfache Ball und sah stattdessen Zirkusnummer vom allerbilligsten. Wie dumm müssen Zuschauer sein, wenn sie bei Bobadillas tapsiger Balljonglier-Nummer Mitte der ersten Halbzeit, als er fünf-, sechsmal das Spielgerät auf dem Kopf balancierte, Beifall klatschen, obwohl wenn die Aktion mit dem Ballverlust endet? Das ist eben der Unterschied zwischen einem Jahrmarktboxer und einem wahrem Champion: Letzterer hat es drauf, ersterer ist eine Nullnummer. Ich könnte hier auch Arango, Colautti, gar Reus oder vor allem Dante sagen: Wo sie mit dem Kopf waren, bleibt ihr Geheimnis, auf dem Platz jedenfalls nicht.

Wie Du weißt, bin ich ein großer Freund fußballerischer Basisdemokratie und nehme interessiert zur Kenntnis, daß derzeit etwa manch Berliner Fan mehr Herzblut zeigt als der ganze verluderte Haufen, der für die Misere seines Vereins verantwortlich ist, in einer ganzen Spielzeit. Doch nein, ich mäßige mich, denn natürlich ist unsere derzeitige Geduld richtig. Das Saisonziel ist nach wie vor ohne Abstriche erreichbar, und Rückschläge sind verzeihlich, wenn danach die entsprechende Reaktion kommt. Ebenso steht aber fest, daß dieser Zeitpunkt das Spiel in Köln ist. Verliert Borussia mit einer ähnlichen Nicht-Leistung wie zuletzt, schlägt die Stimmung schnell um, denn eines sollte man nicht vergessen: Wir haben zwar diese Saison einiges erreicht, aber fast genauso viel wieder hergeschenkt. Man muß halt Chancen nutzen können, wenn sie sich ergeben, sonst bleibt man dauerhaft in Regionen stecken, wo man sich eigentlich nicht zugehörig wähnt.

Daher rate ich Dir, lieber Martin, mach es Dir auf Deinen Umzugskartons bequem, köpfe eine Bouteille Roten, genieße eine Magnumpackung belgischer Pralinen und freue Dich auf das anstehende Spiel. So viel Vertrauen muß sein, daß wir frohgemut Besserung erwarten können und den Scheißbock in die Tonne kloppen. Wenn nicht, gebe ich hier nächste Woche das HB-Männchen – da wartest Du doch schon die ganze Spielzeit drauf!

Es grüßt Dich ein Loch am Heumarkt buddelnd und darin das Vereinsarchiv des ÄffZeh ersäufend

Dein Joachim

Montag, 15. März 2010

betriebsferien

Ach, hier sind übrigens Betriebsferien. Martin zieht um in die Stadt eines Viertligisten, und ich bin im Skiurlaub. Außerdem gewinnt Osnabrück ja eh nicht mehr, und die Fohlen werfen sich wehrlos den Wölfen zum Fraß hin. (Letzteres aber war, wie gesagt, erwartbar.) Was soll man darüber groß Worte verlieren?
Wann es weiter geht, ist unklar. Warten wir's einfach ab.

Donnerstag, 11. März 2010

seitenwechsel #107

Eines Tages, wenn Facebook verboten ist, die letzte Twitter-Message verfasst, die letzte SMS geschrieben ist, wird es doch immer noch Briefe geben. Zumindest den Seitenwechsel, den wir uns seit Urzeiten mit den lieben Kollegen von Seitenwahl schreiben. Heute, in der 107. Ausgabe unserer Wochenschau über die Lage der Nation, d.h. der VfLs, füttert Martin nette Journalisten mit Kötbullar und packt sie, die Journalisten, in einen - Achtung! - Karton. Nachzulesen ist das Gemetzel bei Seitenwahl. Joachim erörtert in seiner Antwort, wofür er bald 1000 Teelichter anzündet.

Lieber Martin,

Du verbringst Deine Zeit mit nützlichem Werk: Du sortierst überflüssige Dinge aus. Wenn ich in diesen Tagen das Wort "überflüssig" lese, kommen mir als erstes nicht wie üblich Wolfsburg und Hoppenheim in den Sinn, sondern Fußballverbände. Was ist der DFB doch für ein chaotischer Haufen, in seiner Unfähigkeit zum Krisenmanagement allenfalls noch mit der katholischen Kirche zu vergleichen (und wie betrüblich, daß das ausgerechnet in der Angelegenheit Amerell so zum Vorschein kommt, ist besagter Ex-Schiedsrichter-Ex-Funktionär so ziemlich das Unsympathischste, das mir in den letzten drei Jahrzehnten in der Nähe eines Fußballfeldes begegnet ist)! Und was soll man von der FIFA halten, die sich offiziell gegen den verstärkten Einsatz von technischen Hilfsmitteln richtet, ex cathedra sozusagen, und damit auf beiden Augen blind bleibt?

Nein, Martin, da lobe ich mir den "kicker", der am Montag Louis van Gaal das Wort gab, um die fußballerische Revolution auszurufen. Vieles bleibt diskutabel, doch ist allein dieser Beitrag mehr wert als alle Pressemitteilungen von DFB und FIFA der letzten Jahre zusammengenommen. Da verzeihe ich dem "kicker" auch die kritischen Worte nach unserem Dortmund-Spiel, denn der Grundtenor dieser Kritik war durchaus richtig, wenngleich etwas über das Ziel hinausgeschossen. Wir haben in dieser Saison als höchste Niederlagen bislang dreimal auswärts eine 0:3-Niederlage eingefahren. Wenn das der negative Fall-Out unserer diesjährigen Dienstreisen bleibt, dann spreche ich von einer wahrlich gelungenen Spielzeit.

Lieber Martin, Du behauptest, keine Ahnung vom Fußball zu haben, dem kann ich bestenfalls unter Aufbietung gebündelter Kräfte widersprechen. Bestätigen kann ich Dir freilich, daß Du geradezu unheimliche Ahnung von den wirklich wichtigen Angelegenheiten im Leben hast, einkaufen bei IKEA zum Beispiel (hier könnte auch IHRE Werbung stehen!). Die Abfolge „Einkaufsliste erstellen – zu IKEA fahren – Köttbullar essen – einkaufen – Ausgangs-Hotdog essen“ ist mir bestens vertraut. Ich liebe Käufe wie etwa 1000 Teelichter zum Preis von 995 Teelichtern, die mir auf Jahre hinaus den Keller blockieren. Eine Analogie zu manchem Fußballverein liegt nahe: 10 Irrlichter vom Transfermarkt zum Preis von 9, schlagen Sie zu! Nun, Borussia hing dieser Philosophie, so man sie als solche bezeichnen möchte, lange an, doch derzeit bin ich nicht geneigt, die Verpflichtung von Jens Wissing als Anzeichen eines Revivals zu nehmen.

Du fragst, wer dieser Wissing ist? Zunächst ist er der, den wir der Konkurrenz weggeschnappt haben. Wir geben also derzeit die Bayern, sozusagen. Seien wir hier doch einmal brutal ehrlich (zartbesaitete Leser schauen jetzt besser weg): Ich kann Dir zwar sagen, wann und warum Borussia gut oder schlecht gespielt hat, ich kann Dir aber natürlich nicht sagen, ob Jens Wissing ein guter Einkauf ist oder nicht. Warten wir es schlicht ab. Und wen wir noch verpflichten werden, weiß ich nicht, ich bin ja nicht der allzeit gut informieret Boulevard, der 200 Namen aus dem kicker-Jahresheft abschreibt, und wenn Du einen davon verpflichtest, haben sie es mal wieder vorab exklusiv vermeldet.

Deshalb, lieber Martin, wünsche ich Dir diese Woche vor allem einen gelungenen Umzug. Wohin am Rhein ziehst Du denn? Duisburg, Bonndorf, Mannem oder zum Vorruhestand nach Wiesbaden (das K-Dings möchte ich an dieser Stelle nicht erwähnen)? Wenn Du nächste Woche benommen zwischen immer noch nicht ausgeräumten Kartons, renovierungsbedürftigen Wänden und einer endlos arbeitenden Kaffeemaschine erwachst, kannst Du Dich immerhin mit dem Gedanken trösten, daß wir gegen Wolfsburg trotzig Reaktion gezeigt haben, wie vom Trainer gefordert. Ob das mit drei Punkten verbunden ist, werden wir sehen.

Es grüßt Dich ein Spatzerl in der Hand und die Taube vom Dach verjagend

Dein Joachim

Sonntag, 7. März 2010

wie es sich gehört

Hey! Borussia spielt wieder leistungsgerecht. Anders ist das 0:3 bei Borussia Dortmund nicht zu erklären. Was am Anfang der Saison so vielversprechend begonnen hatte, als Gladbach sich Woche für Woche immer jene Ergebnisse bescherte, die standesgemäß waren, geht jetzt endlich in trauter Verlässlichkeit weiter: In Mainz verloren, Nürnberg geschlagen, gegen Hoffenheim und Freiburg unentschieden - alles läuft so wie es zu laufen hat für den etatmäßigen Tabellenzwölften, eben leistungsgerecht. Freuen wir also auf den nächsten Sieg von Michis Dreamteam, dann am 10. April gegen Eintracht Frankfurt.

Samstag, 6. März 2010

götter in lila-weiß

Osnabrück hat mal wieder verloren. Das überrascht uns nicht, schließlich hatten wir es schon vor vierzehn Tagen angekündigt. Es geht keine Welt unter, es ist kein Saisonziel in Gefahr, niemand muss übermäßig klagen und nichts ist Besorgnis erregend. Es hat in einer Liga ohne dominierende Mannschaft lediglich ein gutes Team gegen ein anderes gewonnen.
Wenn es schade läuft, wird der VfL noch fünf, sechs weitere Spiele dieser Art nicht gewinnen, schlimmstenfalls sogar verlieren. Dann steigt Osnabrück nicht auf und wird Vierter. Oder Fünfter. Wenn es glücklich läuft, wird der VfL die nächsten fünf, sechs Spiele dieser Art nicht verlieren, bestenfalls sogar gewinnen, dann steigt Osnabrück auf, als Erster oder Zweiter. Über all dies entscheiden Tagesform und mentale Frische. Darüber entscheidet nicht fußballerische Überlegenheit.

So weit, so erwartbar läuft die Rückrunde dieser im großen und ganzen doch sensationell erfolgreichen Saison. Osnabrück, dieses im vergangenen Juli mit allerhand Chirurgengeschick zusammengeflickte Team, hält nach zwei Dritteln der Spielzeit nicht nur fest zusammen, sondern ist sogar Tabellenführer. Eine Niederlage in Heidenheim, diesem sympathischen Dörflein an der Brenz, ist da nun wirklich ein nichtig kleines, zu vernachlässigendes Übel.

Freitag, 5. März 2010

das tun, wenn's brenz!

In diesen Minuten startet der VfL in Richtung Heidenheim. Das wird eine feine Busreise, vorbei an so schönen Orten wie Wasserlosen, der alten Bundeswehr-Metropole Hammelburg, Rotenburg ob der Tauba und Nattheim. Irgendwann gegen 13 Uhr wird die Mannschaft dann angekommen sein in Heidenheim an der Brenz, wie das Örtchen mit vollem Namen heißt.

Natürlich ist es völlig undenkbar, dass diese kleine Provinz in der kommenden Saison in der zweiten Bundesliga spielt. Deshalb wird der VfL sein Auswärtsspiel auch mit Ach und Krach, äh, nicht verlieren. (Sondern unentschieden spielen, wir hatten das bereits.) Aber sympathisch sind sie schon, die süßen Heidenheimer an der Brenz.
Die Brenz ist ein malerischer, 55 Kilometer langer Fluss, ein kleiner Bruder der übermächtigen Donau. Inmitten dieser von Wacholderheide und naturbelassenen Laubwäldern gesäumten Idylle gibt es allerlei zu entdecken: Das Schloss Hellenstein etwa, das Wasserschloss Bächingen oder die Stadtkirche in Giengen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wer sich heute schon unüberlegt aufgemacht hat zu einer Auswärtsfahrt in Richtung Süddeutschland, muss nicht greinen. Und schon gar nicht muss er sich das lieblose 0:0 morgen im kalten Stadion ansehen. Auf den Spuren der Staufer wandeln und sich wie Friedrich Barbarossa die Haare rot färben - damit kann man doch ohne weiteres ein Wochenende rumkriegen.

Donnerstag, 4. März 2010

herr schlarmann und die griechen

"Ein Bankrotteur muss alles, was er hat, zu Geld machen - um seine Gläubiger zu bedienen." Sagt Josef Schlarmann, Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung, mit Blick auf die siechenden Griechen. "Griechenland", so Schlarmann weiter, besitze auch "unbewohnte Inseln, die für die Schuldentilgung eingesetzt werden können."

Spätestens hier kommen Schalke und Arminia Bielefeld ins Spiel. Bevor die DFL den beiden Sorgenkindern mit großzügigen Auflagen den Spielbetrieb in der kommenden Spielzeit gewährt, mögen die Hasardeure erst einmal alles, was sie haben, zu Geld machen. Die VfLs könnten da sicher noch das ein oder andere günstige Schnäppchen machen: Unbespielte Trainingsplätze etwa, ungetragene Leibchen, ungetretene Bälle oder unterschätzte Spieler. Her damit!