Eines Tages, wenn Facebook verboten ist, die letzte Twitter-Message verfasst, die letzte SMS geschrieben ist, wird es doch immer noch Briefe geben. Zumindest den Seitenwechsel, den wir uns seit Urzeiten mit den lieben Kollegen von Seitenwahl schreiben. Heute, in der 107. Ausgabe unserer Wochenschau über die Lage der Nation, d.h. der VfLs, füttert Martin nette Journalisten mit Kötbullar und packt sie, die Journalisten, in einen - Achtung! - Karton. Nachzulesen ist das Gemetzel bei Seitenwahl. Joachim erörtert in seiner Antwort, wofür er bald 1000 Teelichter anzündet.
Lieber Martin,
Du verbringst Deine Zeit mit nützlichem Werk: Du sortierst überflüssige Dinge aus. Wenn ich in diesen Tagen das Wort "überflüssig" lese, kommen mir als erstes nicht wie üblich Wolfsburg und Hoppenheim in den Sinn, sondern Fußballverbände. Was ist der DFB doch für ein chaotischer Haufen, in seiner Unfähigkeit zum Krisenmanagement allenfalls noch mit der katholischen Kirche zu vergleichen (und wie betrüblich, daß das ausgerechnet in der Angelegenheit Amerell so zum Vorschein kommt, ist besagter Ex-Schiedsrichter-Ex-Funktionär so ziemlich das Unsympathischste, das mir in den letzten drei Jahrzehnten in der Nähe eines Fußballfeldes begegnet ist)! Und was soll man von der FIFA halten, die sich offiziell gegen den verstärkten Einsatz von technischen Hilfsmitteln richtet, ex cathedra sozusagen, und damit auf beiden Augen blind bleibt?
Nein, Martin, da lobe ich mir den "kicker", der am Montag Louis van Gaal das Wort gab, um die fußballerische Revolution auszurufen. Vieles bleibt diskutabel, doch ist allein dieser Beitrag mehr wert als alle Pressemitteilungen von DFB und FIFA der letzten Jahre zusammengenommen. Da verzeihe ich dem "kicker" auch die kritischen Worte nach unserem Dortmund-Spiel, denn der Grundtenor dieser Kritik war durchaus richtig, wenngleich etwas über das Ziel hinausgeschossen. Wir haben in dieser Saison als höchste Niederlagen bislang dreimal auswärts eine 0:3-Niederlage eingefahren. Wenn das der negative Fall-Out unserer diesjährigen Dienstreisen bleibt, dann spreche ich von einer wahrlich gelungenen Spielzeit.
Lieber Martin, Du behauptest, keine Ahnung vom Fußball zu haben, dem kann ich bestenfalls unter Aufbietung gebündelter Kräfte widersprechen. Bestätigen kann ich Dir freilich, daß Du geradezu unheimliche Ahnung von den wirklich wichtigen Angelegenheiten im Leben hast, einkaufen bei IKEA zum Beispiel (hier könnte auch IHRE Werbung stehen!). Die Abfolge „Einkaufsliste erstellen – zu IKEA fahren – Köttbullar essen – einkaufen – Ausgangs-Hotdog essen“ ist mir bestens vertraut. Ich liebe Käufe wie etwa 1000 Teelichter zum Preis von 995 Teelichtern, die mir auf Jahre hinaus den Keller blockieren. Eine Analogie zu manchem Fußballverein liegt nahe: 10 Irrlichter vom Transfermarkt zum Preis von 9, schlagen Sie zu! Nun, Borussia hing dieser Philosophie, so man sie als solche bezeichnen möchte, lange an, doch derzeit bin ich nicht geneigt, die Verpflichtung von Jens Wissing als Anzeichen eines Revivals zu nehmen.
Du fragst, wer dieser Wissing ist? Zunächst ist er der, den wir der Konkurrenz weggeschnappt haben. Wir geben also derzeit die Bayern, sozusagen. Seien wir hier doch einmal brutal ehrlich (zartbesaitete Leser schauen jetzt besser weg): Ich kann Dir zwar sagen, wann und warum Borussia gut oder schlecht gespielt hat, ich kann Dir aber natürlich nicht sagen, ob Jens Wissing ein guter Einkauf ist oder nicht. Warten wir es schlicht ab. Und wen wir noch verpflichten werden, weiß ich nicht, ich bin ja nicht der allzeit gut informieret Boulevard, der 200 Namen aus dem kicker-Jahresheft abschreibt, und wenn Du einen davon verpflichtest, haben sie es mal wieder vorab exklusiv vermeldet.
Deshalb, lieber Martin, wünsche ich Dir diese Woche vor allem einen gelungenen Umzug. Wohin am Rhein ziehst Du denn? Duisburg, Bonndorf, Mannem oder zum Vorruhestand nach Wiesbaden (das K-Dings möchte ich an dieser Stelle nicht erwähnen)? Wenn Du nächste Woche benommen zwischen immer noch nicht ausgeräumten Kartons, renovierungsbedürftigen Wänden und einer endlos arbeitenden Kaffeemaschine erwachst, kannst Du Dich immerhin mit dem Gedanken trösten, daß wir gegen Wolfsburg trotzig Reaktion gezeigt haben, wie vom Trainer gefordert. Ob das mit drei Punkten verbunden ist, werden wir sehen.
Es grüßt Dich ein Spatzerl in der Hand und die Taube vom Dach verjagend
Dein Joachim
Donnerstag, 11. März 2010
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1 Kommentar:
Das kann einem den Seitenwechsel schon verleiden (ja, ich gehöre zu den drei Musketieren!), wenn hier van Gaal und seine kruden Forderungen gelobt werden...
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