Freunde der VfLiebe! Zum 94. Mal schreiben wir uns mit den lieben Kollegen von Seitenwahl einen Brief über die Lage der Nation, d.h. der VfLs. Joachim verweigert diesmal alle sportlichen Themen und schwelgt in Anekdötchen, was Martin zu wissenschaftlichen Thesen im Stile von Bunte und Gala verleitet. Nachzulesen hier, bei Seitenwahl.
Lieber Martin,
ich muß Dich leider enttäuschen. Deinen e-mails, die Du mir in freudiger Erwartung meines Briefes schicktest, entnehme ich, daß Du von mir euphorisches Beschönigen der Situation erwartest. Du könntest dann anschließend, so folgere ich, den abgeklärten Realisten geben und würdest Dich von den Lesern des VfLogs ob Deiner Weisheit feiern lassen. Nichts da, diesen Gefallen tue ich Dir nicht. Ich sage zur aktuellen Situation schlicht gar nichts. Der Grund ist ganz einfach: Wir spielen nun gegen Köln, und jede Analyse wird zwangsläufig in drei Tagen Makulatur sein, weil dann nur noch das Ergebnis des Spiels im Vordergrund stehen wird. Gewinnen wir, so sehen alle Hoffnung und Zeichen der Besserung, gewinnen wir nicht, ist ohnehin alles ganz schlecht. Laß uns also nächste Woche über den Zustand Borussias reden.
Ich möchte mit Dir heute vielmehr über Berlin reden. Der Grund ist schlicht, daß ich am Wochenende in Berlin war – nicht, weil ich meine Reiseziele danach auswähle, wer in der Tabelle hinter uns steht (dann muß ich bald zu Hause bleiben), sondern weil diese Stadt immer eine Reise wert ist, so auch diesmal. Freilich denkt man so an dies und das, was mit Fußball zu tun hat. So auch ich, als ich am Sonntag nachmittag in der Warteschlange beim Einchecken in mein Flugzeug stand. Ich dachte an Hertha, Lucien Favre und Dieter Hoeneß, da nähert sich auf einmal jemand von rechts und will an mir vorbei, um zum Getränkestand zu gelangen. Ich sehe auf, und wer steht da vor mir? Eben, Dieter Hoeneß.
„Hallo!“, sagte er durchaus freundlich, und ich nickte mitm Kopf, um Lässigkeit bemüht. Nun bin ich den Umgang mit den Großen dieser Welt gewöhnt und sicher auch den Umgang mit denjenigen, die sich im Fußball für groß halten oder vielleicht sogar sind, aber es ist schon bemerkenswert, wenn Du irgendwo nichtsahnend stehst und an jemanden Fremdes denkst, und auf einmal steht der vor Dir und sagt „Hallo!“. Insofern finde ich mein sprachloses Nicken halbwegs akzeptabel.
Natürlich habe ich mich dann jedoch, als er zum Tresen durchgewandert und sich eine Apfelschorle bestellt hatte, gefragt, was ein sinnvoller Satz gewesen wäre, um ihn ins Gespräch zu ziehen. „Wie fühlt man sich als Letzter?“ wäre naheliegend gewesen, aber aus journalistischer Sicht ist das natürlich nicht akzeptabel, denn Du kriegst sowieso nur eine nichtssagende Antwort. Sicher wäre es fein, er würde „beschissen“ sagen und auf das Präsidium schimpfen, aber das kostet ihm im Zweifelsfall seine Abfindung, und er wird vorsichtig sein. Ich hätte ihm auch einfach an den Kopf tippen können und fragen „Tut’s noch weh?“, in Anspielung an seine turbanverhüllte Verletzung im DFB-Pokal-Finale. Voraussichtlich hätte er das aber falsch verstanden und sich beleidigt gefühlt. „Schöne Grüße an den Uli!“ kam mir ebenfalls in den Sinn, zumal er nicht in meinen Flieger nach Düsseldorf eingecheckt war, sondern wohl in den späteren Flug nach München, aber ich mag den Uli nicht, daher lasse ich ihn auch nicht grüßen.
Und so kommt mir in den Sinn, die Zeit bis Samstag nachmittag zu überbrücken, indem ich die lieben VfLog-Leser frage, was ihr Begrüßungssatz an Dieter Hoeneß gewesen wäre. Einen Preis gibt es nicht, aber die besten Antworten finden Eingang in die Leserbriefecke des VfLog.
Übrigens, lieber Martin, gingen die Merkwürdigkeiten an diesem Tage noch weiter. Ich fuhr von Düsseldorf aus in Richtung Südwesten und kam in Mönchengladbach vorbei, als das Spiel in Wolfsburg noch in Gang war. Eigentlich wollte ich es abends auf Fohlen-TV schauen, aber dann dachte ich mir, wir verlieren sowieso, da kannst Du auch Radio hören und abends was Gescheites machen. Gerade auf der A61 gelandet fiel das 2:0, doch als ich in Sichtweite am Stadion vorbeifuhr, schlug es zum 2:1 ein. Was folgern wir daraus? Erstens: Ich werde zukünftig – alle Fußballfans sind bekanntlich abergläubisch – während Auswärtsspielen, zu denen ich nicht fahren kann, im Auto Kreise um den Borussia-Park drehen,; wie man sieht, fallen dann die Tore auf der richtigen Seite. Zweitens: Schuld an der Niederlage sind die Bauarbeiter, denn der Zugang zur A61 von Düsseldorf kommend war versperrt, ohne daß das vorher angekündigt war. Deshalb mußte ich eine Ehrenrunde drehen, weshalb ich erst verspätet den Borussia-Park in Sicht bekam. Und damit sind wir wieder wie eingangs bei der Analyse der sportlichen Situation: Alles paletti, nur zu viele sich hinschleppende Bauarbeiten.
In diesem Sinne grüßt Dich, eine große Portion Geißbockdöner verzehrend und die Tabelle heiter um 180 Grad drehend,
Dein Joachim
Donnerstag, 22. Oktober 2009
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Wie wäre es mit: "Also ich muss ja sagen, was die mit Ihrem Bruder in Berlin gemacht haben, fand' ich echt geschmacklos."
Kommentar veröffentlichen