Freitag, 17. Juni 2011

i had a dream

Heute Nacht, wann genau, ist ungewiss, wobei genau das bemerkenswert ist und Rückschlüsse zulässt auf die Situation, in der wir uns befinden, doch dazu später mehr:

Mein Vater, mein Bruder und ich waren Gäste beim Bundesligaspiel Gladbach gegen Dortmund. Das Borussen-Duell fand jedoch nicht im Borussia-Park statt, sondern in einem kleinen, ziemlich verwohnten Amateurstadion vor vielleicht 15.000 Zuschauern. Entsprechend standen viele Zuschauer, auch wir, einfach am Spielfeldrand.
Sportdirektor in Gladbach war nicht mehr Max Eberl, sondern der vor kurzem aus Osnabrück verabschiedete Michael Lüken. Trainer der Borussia war: Michael Frontzeck. Das mag erklären, warum Gladbach nach nicht einmal zehn Minuten 0:2 zurücklag und einen erbärmlichen Auftritt hinlegte.
Frontzeck war einige Meter von der Trainerbank die Seitenlinie entlang gegangen, da kamen wir ins Gespräch. Der Trainer ließ kein gutes Haar an der Vereinsführung und spottete auch über die eigene Mannschaft. "Mit sowas muss man hier zusammen arbeiten! Fußball spielen können die alle nicht, aber was Besseres scheint man ja nicht hierher zu kriegen." Es fiel das 0:3, und Frontzeck grinste kopfschüttelnd - es war eine Mischung aus Mitleid und Verachtung.
Das Spiel war gelaufen. Mir fiel auf, dass die Zuschauer im Stadion mucksmäuschenstill waren, auch die Dortmunder. Keine Fangesänge, überhaupt keine Stimmung. Ich fragte Frontzeck, warum sie überhaupt in diesem Stadion spielen müssten, und Schuld war der Sportdirektor: "Lüken wollte das wegen der Dortmunder Fans. Die sind so gewalttätig, dass die DFL uns verboten hat, vor großem Publikum im Borussiapark zu spielen. Das hat der Lüken geschluckt, jetzt spielen wir hier."
Frontzeck taperte zurück zur Trainerbank, mein Vater hatte gerade das nächste Bier bestellt, und mein Bruder und ich machten einen Abstecher unter die Haupttribüne; dort war ein Indoor-Baseball-Center untergebracht. Wir schauten dort eine Weile zu, machten selbst zwei, drei Schläge und gingen zurück ins Stadion. Dort hatte sich der gesamte Dortmund-Fanblock mittlerweile schwarze Kapuzen über die Köpfe gezogen und randalierte. Die Sitzschalen brannten, schwarzer Rauch stieg auf, und das Spiel musste einige Minuten unterbrochen werden. Anschließend ging es weiter, es tat sich jedoch nichts mehr, und Gladbach verlor sang- und klanglos.

Das eigentlich Bemerkenswerte ist, wie gesagt, dass ich von diesem Traum nicht etwa aufgewacht bin. Es war auch kein Albtraum. Alles war ganz normal.
Soweit ist es also schon.

Dienstag, 14. Juni 2011

kaderplanung

Wenn unsere Berechnungen stimmen, ist der VfL Osnabrück auf gutem Wege, eine Mannschaft für Fußballspiele auf dem Kleinfeld zu komponieren. Dort besteht eine Mannschaft aus sechs Spielern, wobei ein Spieler als Torwart kenntlich sein muss.
Das dürfte gelingen: Manuel Riemann, Niels Hansen, Christian Pauli, Timo Beermann, Gerrit Wegkamp und Claus Costa bilden diese magischen Sechs. Der Verbleib der Herren Gorka, Mauersberger, Tauer, Andersen, Siegert und Nickenig ist damit längst zweitrangig.
Außerdem beträgt die Dauer eines Kleinfeldfußballspiels höchstens 2x20 Minuten. Ein mögliches nächstes Elend würde also immerhin relativ schnell wieder abgepfiffen.

Mittwoch, 8. Juni 2011

umgangsformen

Wie sich etwa das Leben im Pflegeheim oder als Best-Performer der Hamburg Mannheimer-Versicherung in anderen Welten abspielt, so sind offenbar auch die Gepflogenheiten im Profifußball eigenartig. Klaro, dass Millionensummen mirnichts, dirnichts von hüben nach drüben fließen, dass Spieler heute bei diesem Klub trainieren und morgen für jenen spielen, dass die Mär von den elf Freunden eben nur noch eine Mär ist: All das ist längst bekannt.

Doch so manche Umgangsform schien uns, ehrlich gesagt, auch im Fußballbusiness selbstverständlich. Dass Chefs und ihre Spieler sich beispielsweise ab und an mal unterhalten, wie es so steht und weitergeht. Wer sich täglich sieht, sollte man meinen, wird sich doch darüber verständigen, ob das morgen, übermorgen, in drei Wochen noch genauso ist. Erst recht vorm Sommerurlaub und erst recht beim VfL Osnabrück, der das Image des Nischenvereins zum Anfassen sehr sorgfältig pflegt, wird das so sein, dachten wir.

Offenbar ist das alles anders. Manager und ihre Spieler sind anscheinend doch nicht mehr als gewöhnliche Geschäftspartner, eher weniger. So jedenfalls lesen sich die Meldungen dieser Tage:
Lothar Gans teilt die geplante Trennung von den Sportkameraden Krük und Stang ihren Beratern mit; die Spieler seien im Urlaub. Jan Tauer, Verteidiger ältester Schule, über dessen Fortgang sicher niemand weinen müsste, tappt im Dunkeln, wie es weitergeht: Mit ihm habe von Vereinsseite niemand gesprochen. Kristoffer Andersen würde wohl gern weiter für den VfL arbeiten, habe jedoch "bisher vom VfL nichts gehört". Genauso Benjamin Siegert, der sechs Wochen vor Saisonbeginn einräumt: „Konkretes ist nicht besprochen worden.“ Dasselbe bei Tobias Nickenig und Alexander Schnetzler, der der Neuen Osnabrücker Zeitung sagt: „Mit mir hat niemand vom VfL gesprochen. Ich gehe davon aus, dass ich nächste Saison woanders spiele.“

Man bedenke, dass Gans, aber auch Nach-wie-vor-Co-Trainer Rolf Meyer die Spieler mindestens ein Jahr lang so gut wie täglich getroffen und viel Zeit mit ihnen verbracht haben; die Zukunft war offenbar kein Thema bei ihren Gesprächen, nicht einmal die naheste.
Angesichts dieser abstrusen Momentaufnahme muss sich nun immerhin niemand mehr wundern, warum der VfL für viele Spieler eben keine Berufung ist, keine Herzensangelegenheit und kein besonderer Klub, sondern ein ganz normaler Arbeitgeber: Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.